Geschichte

1958 I Die Geschichte beginnt

Wir befinden uns inmitten des Ersten Weltkriegs, als Dr. Viktor Girtanner im Jahr 1915 in Luzern das Licht der Welt erblickt. Mit seinem Chemiestudium an der ETH Zürich legt er das Fundament für seine Zukunft. Eines Tages kreuzt sich sein Weg mit dem Finanzexperten Hermann Baehni. Sie tauchen gemeinsam immer weiter in die Kunststoffbranche ein und rufen 1958 schliesslich die Kunststoff AG Sarnen ins Leben. Anfänglich produzieren sie u. a. fleissig Windelhöschen und Planschbecken aus Kunststofffolien.

Auf einer Zugfahrt ergab sich – so die Legende – ein Gespräch mit einem Mitreisenden, in dem Dr. Girtanner den Hinweis erhielt, dass geschäumte Kunststoffmaterialien ein hohes Zukunftspotential hätten. Die Idee zur Investition ihres Vermögens in eine Schaumstofffabrik war geboren. So wurde zwei Jahre später die Schaumstoff-Fabrikation aufgenommen und das Sortiment erweiterte sich um Produkte wie Kühlboxen und Isolationsplatten.

Die beiden Gründer stellten die Weichen für ein Unternehmen, das sich zu einer weltweit tätigen Firma und zu einem der bedeutendsten Arbeitgeber im Kanton Obwalden entwickelte. Sie wussten gekonnt Unternehmensgeist mit sozialem Engagement zu verbinden. Dieser partizipativ-patronale Führungsstil der Anfangsjahre wurde geprägt von hoher Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden. Unter Berücksichtigung eines gesunden Gewinnstrebens – der lebensnotwenigen Zielsetzung jeder Firma – wurde hingegen der Gewinnmaximierung eine klare Absage erteilt. «Der Mensch», so Dr. Girtanner, «ist mehr wert als jedes wirtschaftliche Ziel. Der Mensch ist im Zentrum.»

WER ERNTEN WILL, MUSS ERST DEN SAMEN STREUEN

Ab 1960 I Familiäre Atmosphäre zu Beginn

Das erklärte Ziel von Dr. Girtanner war die Synthese zwischen Rentabilität und Menschlichkeit. Seine Ansicht war: «Jedes Geschöpf hat den brennenden Wunsch, etwas zu bedeuten, und die Mitwirkung am Arbeitsplatz ist die Grundvoraussetzung für den unternehmerischen Erfolg».

Seine Denkweise prägte das Management. Aus seiner Zeit stammen Programme wie die Möglichkeit des vergünstigten Aktienerwerbs für Mitarbeitende, ein Solidaritätsprogramm für Krisenzeiten, die feste Einsitznahme eines Vertreters der Mitarbeiteraktionäre im Verwaltungsrat, die Kopplung der Gratifikation an die Dividende und die Schaffung eines Mitarbeiterrats. 

Nach seiner Pensionierung war der Wissensdurst von Dr. Girtanner noch lange nicht gestillt und so studierte er anschliessend Theologie und war als Spitalseelsorger in Luzern tätig. Im Jahr 2001 ist er – im hohen Alter von 86 Jahren – verstorben. Mit Dr. Viktor Girtanner verliert der Kanton Obwalden zweifellos einen der bedeutendsten Industriepioniere, einen Unternehmensgründer der ersten Stunde, dessen wirtschaftliche Entscheidungen und Handlungen stets von hohen ethischen Prinzipien sozialer Marktwirtschaft geprägt waren.

SCHÖPFE AUS DER QUELLE IN DEINEM INNEREN

Ab 1991 I Wachstum zwingt zu Veränderungen

Die Sarna Kunststoff AG entwickelte sich über die Jahre hinweg von einem überwiegend regional tätigen Kleinunternehmen zu einer international aktiven, mittelgrossen und für den Standort Kanton Obwalden bedeutenden Unternehmung. 

So verschob sich die Erwirtschaftung des Umsatzes mehr und mehr ins Ausland und erforderte einen immer höheren Finanzbedarf. Mittlerweile war die Zahl der Mitarbeitenden auf über 3000 gestiegen. Konzentrierten sich die Aktivitäten bisher vorwiegend auf den Standort Sarnen, waren nun in verschiedenen Ländern weltweit Mitarbeitende für die Sarna-Gruppe tätig. Folglich wurde 1991 der Entschluss gefasst, die «Sarna Kunststoff Holding AG» zu gründen und zugleich an der Zürcher Börse zu kotieren. Mit der Holding entstand u. a. die Tochtergesellschaft «Folien- und Schaumstoff AG». 

Später, im Jahr 1998, wurde die Tochtergesellschaft in die «Sarna Plastec AG» umfirmiert. Mit der Umfirmierung erfolgte eine interne Umstrukturierung in vier selbständig agierende Profit-Center. 

WENN DER WIND DER VERÄNDERUNGEN WEHT…

„Können wir jetzt noch von einer Familie sprechen?“

Nach der Übertragung der Verantwortung an der Unternehmensspitze vom dominierenden Gründervater auf einen mehrköpfigen Verwaltungsrat und eine Gruppenleitung hatten sich viele der früher etablierten Rahmenbedingungen für die praktische Umsetzung der Firmenkultur geändert. Grössere Dimensionen des Unternehmens, Börsenkotierung, internationales Aktionariat, Komplexität der Strukturen und verschiedenartige Subkulturen der Mitarbeitenden zwangen zum Umdenken. Ein Teil der früheren Kulturausprägungen konnte nicht mehr aufrechterhalten werden. 

Es war eine Zeit, die von Veränderungen geprägt war, und so wurde 2006 die Sarna-Gruppe vom Sika-Konzern übernommen. Der Bauchemikalienhersteller war primär an den Tätigkeiten der Sarnafil interessiert. Die Aktivitäten der Sarna Plastec AG gehörten ab sofort nicht mehr zum Kerngeschäft des neuen Inhabers. 

EINE NEUE ZUGEHÖRIGKEIT FINDEN…

2007 I DER MENSCH BLEIBT IM MITTELPUNKT

Zwei Mitarbeitende der Sarna-Gruppe, Kurt Mäder und André Strasser, hegten schon lange den Wunsch, ein eigenes Unternehmen zu führen, neue Wege zu gehen, die eigene Berufung zu leben, ihre eigenen Chefs zu sein und eigene Produkte zu lancieren. 

So erfolgte ein Jahr nach der Übernahme der Sarnafil durch die Sika-Gruppe der Management-Buy-out der «Sarna Plastec AG» durch Kurt Mäder und André Strasser. Die Grundelemente, die Dr. Girtanner etabliert hatte, haben heute noch Bestand und wurden mehrheitlich beibehalten. Als Kernbotschaft gilt nach wie vor, dass das Humankapital im Mittelpunkt des Unternehmens steht. Die tägliche Arbeitsleistung zur Zielerreichung und die Würdigung der Mitarbeitenden haben den gleichen Wert wie das zur Verfügung stehende Kapital. Eine lebendige Unternehmenskultur und ein positiver Geist sind Sauerstoff für das Unternehmen. Die Wertschätzung der Mitarbeitenden soll durch marktgerechte Entlohnung, leistungsfähige Einrichtungen und konkrete Beiträge der Firma, wie gut ausgebaute Vorsorgeinstrumente, soziale Betreuung und Auffangnetze für Not- und Härtefälle, zum Ausdruck gebracht werden. 

WER NEUE WEGE GEHEN WILL, MUSS ALTE PFADE VERLASSEN

Ab 2010 I Zeit für Neues

Nach dem MBO wurde im Jahr 2010 der Neubau in Alpnach Dorf errichtet und bezogen. Für die beiden Unternehmer ist Alpnach Dorf der ideale Standort: Er bietet eine direkte Anbindung zur Autobahn und liegt im Herzen der Schweiz. 

André Strasser verkaufte schliesslich 2020 im Alter von 64 Jahren seine Anteile an Kurt Mäder, um in den Ruhestand zu treten. Er hatte der Firma viele Jahre als Leiter Marketing & Verkauf vorgestanden und so die Unternehmung massgeblich mitgeprägt. In der Funktion als Verwaltungsrat darf das Unternehmen weiterhin auf seinen grossen Erfahrungsschatz zurückgreifen. 

Getreu nach dem Vorbild von Dr. Girtanner lebt Kurt Mäder die Unternehmenswerte weiter. Es ist ihm wichtig, dass alle Mitarbeitenden stets eine harmonische und grosse Familie bilden, in der jedes Individuum geachtet wird und mit Freude zur Arbeit kommt. In der Tat: Solidarität, Humanität und die Verantwortung für Arbeitsplätze bestimmen stets sein Handeln. All diese Werte genügen jedoch nicht, um ein Unternehmen erfolgreich führen zu können. Technisches Know-how, gepaart mit betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten, komplettieren das Gesamtbild. Nicht umsonst hört man immer wieder von unseren Kunden: «Die Sarna Plastec kann es einfach, ohne Wenn und Aber.» Solche und ähnliche Aussagen machen Kurt Mäder zu einem stolzen Unternehmer! 

 

MIT DEN WURZELN HALT SUCHEN UND DEM HIMMEL ENTGEGENWACHSEN

Quo vadis, Sarna Plastec?

Kurt Mäder trat im August 2023 seinen wohlverdienten Ruhestand an. Seine Passion, das Golfen und die Aufenthalte in seinem Feriendomizil in Andalusien kommen derzeit nicht zu kurz. Sein Wissen und seine Erfahrung stellt er dem Unternehmen aber weiterhin als Verwaltungsratspräsident zur Verfügung. Sein Sohn, Patrick Mäder, führt das Unternehmen in der nächsten Generation weiter. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn war schon immer sehr gut, aber heute ist es enger denn je. Die tägliche Zusammenarbeit und die Nachfolgeplanung haben sie noch enger zusammengeschweisst.

MEIN PAPA, MEIN MENTOR